Wir sehen die Chance zu einem digital-souveränen Deutschland mit Technologieführerschaft in energieeffizienter neuromorpher KI. Insbesondere die Region Jülich-Aachen soll ein weltweit sichtbares Zentrum für Neuromorphes Computing werden
Die Digitalisierung betrifft unsere gesamte Gesellschaft - in Wirtschaft, Industrie, Transport, Kommunikation, Kultur und Unterhaltung. Gleichzeitig wächst der Anteil der Informationstechnologie am Stromverbrauch ganz erheblich, verbunden mit einer Verschärfung der globalen Herausforderung des Klimaschutzes. Hinzu kommt, dass die Künstliche Intelligenz (KI) bereits einen großen und weiter steigenden Teil der Informationstechnologie ausmacht.
Die Vision des Strukturwandelprojektes NEUROTEC ist es, mit dem neuromorphen Computing alternative Wege zu einer künftigen KI zu erforschen und zu entwickeln, die im Vergleich zum derzeitigen Stand der Technik des Computings um Größenordnungen energieeffizienter ist. Auf diese Weise trägt das Projekt NEUROTEC dazu bei, das Wachstum in der KI Branche nachhaltiger zu gestalten. Es schafft zugleich eine neue Wertschöpfung im Rheinischen Revier mit dem Erhalt vorhandener und dem Aufbau neuer industrieller Arbeitsplätze in der Region.
Wir in NEUROTEC bilden eine Keimzelle zu einer umfassenden neuromorphen Technologie für die Künstliche Intelligenz. Wir heben das Potential der Schlüsselinnovation Memristor für das neuromorphe Computing. Wir nutzen unser umfassendes Grundlagenwissen zu memristiven Materialien und Bauteilen, Integrationskonzepten, Modellierung, Messtechnik, Schaltungsentwurf und Algorithmik zur Demonstration neuro-inspirierter Systeme aus Hardware und Software.
Die Ausgangslage ist gerade in der Region Jülich/Aachen im internationalen Vergleich ausgesprochen günstig. Wir haben international anerkannte Schwerpunkte auf dem Gebiet der Grundlagen sogenannter memristiver Materialien und Bauelemente, basierend auf Phasenwechselmaterialien und redox-aktiven Materialien. Diese neuen Hardwareelemente sind deswegen von besonderer Bedeutung für das neuromorphe Computing (NC), weil sie durch ihre Funktionalität eine erhebliche Verbesserung der Energieeffizienz im Vergleich zu konventionellen Halbleiterbauteilen versprechen. Der Standort Aachen/Jülich hat hier Pionierarbeit geleistet und wird seit 2009 durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Sonderforschungsbereiches SFB 917 „Nanoswitches“ gefördert. Wir haben darüber hinaus sowohl am FZJ als auch an der RWTH Aachen eine starke Elektrotechnik mit Schwerpunkten auf dem digitalen und analogen Halbleiter-Chipentwurf und auf Chiparchitekturen.
Um uns herum haben wir an der RWTH Aachen eine starke Informatik mit Schwerpunkten auf Algorithmen, Computervision, Spracherkennung und Maschinellem Lernen. In Jülich gibt es ferner eine starke neurowissenschaftliche Grundlagenforschung mit dem Schwerpunkt die Beziehung zwischen Architektur, Dynamik und Funktion des Gehirns aufzuklären, der weltweit führenden Software für die Simulation von neuronalen Netzwerken natürlicher Größe, sowie der wissenschaftlichen Leitung des europäischen Human Brain Flagship-Projektes (HPB). Wir konnten darüber hinaus die Lücke zwischen den memristiven Bauelementen einerseits und dem Supercomputer Center sowie den Neurowissenschaften andererseits über die Gründung zweier neuer Institute zum NC (PGI-14 und PGI-15) am Forschungszentrum Jülich schließen.
Das Verbundprojekt NEUROTEC – Neuro-inspirierte Technologien der künstlichen Intelligenz für die Elektronik der Zukunft - baut auf dieser Ausgangslage auf. Wir decken in dem Projekt die gesamte Basistechnologie des NC für die Künstliche Intelligenz ab. Der Schwerpunkt liegt auf memristiven Materialien und Bauelementen. Wir erforschen und entwickeln die Abscheide- und Integrationstechnologien memristiver Materialien, das Schaltungsdesign und die Architekturen, die Modellierung und Simulation, sowie die Messtechnik bis hin zu Hardware-Software Systemen auf NC-Demonstrationschips. In das Projekt NEUROTEC sind regionale Firmen zur Abscheidung memristiver Materialien auf Halbleitersubstraten, zur Messtechnik, zum Schaltungsdesign und zur Systemintegration entweder als Projektpartner oder als assoziierte Partner eingebunden. Darüber hinaus werden neuartige Einsatzweisen für konventionelle digitale, analoge und gemischt analog-digitale Halbleiterschaltungen im NC untersucht. Sie beruhen auf weiteren Inspirationen zur Funktionsweise des Gehirns aus den Neurowissenschaften, wie beispielsweise die extrem spärliche Codierung der Signale im Gehirn in Raum und Zeit oder der dreidimensionalen Konnektivität. Bei allen Ansätzen steht das Ziel einer Erhöhung der Energieeffizienz im Zentrum.
In komplementärer Ergänzung zum Projekt NEUROTEC haben wir im Rahmen der Zukunftscluster-Initiative des BMBF unter Federführung der RWTH Aachen und des Johannes Rau Instituts AMO den Zukunftscluster NeuroSys – Neuromorphe Hardware für autonome Systeme – einwerben können. Der Cluster NeuroSys ist top-down angelegt und soll das Feld von den Anwendungen (automatische Spracherkennung, Computer Vision, maschinelle Lernverfahren in der Medizin) her aufzäumen und sich bis zu neuen, aber bereits ausgetesteten Technologien erstrecken. Dies ergänzt in hervorragender Weise das Projekt NEUROTEC, welches bottom-up angelegt ist und sich mit einem stärker explorativen Charakter von den Materialtechnologien bis zu einfachen NC-Systemen erstreckt.